Mittwoch, 10. Oktober 2012

Frankenstein muss sterben (Frankenstein must be destroyed)


Rund 12 Jahre nach seinem ersten Auftritt als wahnsinniger Wissenschaftler in The Curse of Frankenstein spielte Peter Cushing den Baron von Frankenstein 1969 in Frankenstein must be destroyed. Weder war dies also sein erster, noch sein letzter Auftritt in seiner wohl wichtigsten Parade-Rolle neben seiner Verkörperung des Vampir-Jägers Van Helsing. Dennoch sticht Cushings Darstellung in dieser Hammer-Produktion besonders hervor und überhaupt hat man den englischen Gentleman selten in einer derart sinisteren Rolle gesehen. Durch und durch verkörpert er hier das kühle, berechnende Böse.
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Bereits in den ersten Filmminuten enthauptet er einen nichtsahnenden Passanten und entledigt sich kurz darauf der Leichenteile. Baron von Frankenstein wird von Cushing ganz pragmatisch verkörpert: Der von der Wissenschaft geächtete und von der Justiz gejagte Frankenstein trägt nur oberflächlich eine höfliche Art zur Schau, zögert jedoch keine Sekunde, sich die Hände schmutzig zu machen. Er nistet sich bei einer jungen Frau ein und nutzt die erste sich bietende Gelegenheit, um sie und ihren Verlobten zu erpressen. Es handelt sich um das Pärchen Karl und Anna, das – um den Krankenhausaufenthalt von Annas Mutter zu bezahlen! – illegalen Drogenhandel betreibt. Der junge Psychiater Karl wird dabei von Simon Ward dargestellt, der hier sein Spielfilm-Debüt gab und im Anschluss mit Richard Attenborough in Der junge Löwe zusammenarbeiten sollte. An seiner Seite die Sex-Bombe Veronica Carlson, die in diesem Zeitraum noch in weiteren Hammer-Filmen mitwirkte.
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Beide sehen sich den Attacken des Barons schutzlos ausgeliefert und dies ist vielleicht das wichtigste Motiv in Frankenstein muss sterben, dem sich die eigentliche Frankenstein-Thematik unterordnet: das unschuldige Paar, dessen Existenz von außen Schritt für Schritt zerstört wird. Im konkreten Fall benutzt Frankenstein seine Opfer, um an das Gehirn eines verrückt gewordenen Kollegen – Doktor Brandt – heranzukommen. Sein Ziel: Das Wissen zu konservieren und für seine eigenen Experimente zu benutzen. Auf dem Weg dorthin diskreditiert er den jungen Karl beruflich und macht ihm zum Mörder. Anna wird von Frankenstein terrorisiert und schließlich brutal vergewaltigt.
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Es ist besonders diese Szene, an der sich Cushings Darstellung des Frankensteins in diesem Film exemplarisch festmachen lässt. Auf der einen Seite spielt er das verkannte Genie, das für seine Errungenschaften bis zum Äußerten geht. Dies ist ein Aspekt der Figur, wie sie wohl in den meisten Interpretationen – sei es in Literatur oder Film – zu tragen kommt. Das besondere an Cushings Frankenstein ist jedoch, dass dieser auch seiner Triebnatur freien Lauf lässt, die im harschen Kontrast zum kühlen Wissenschaftler steht. Es ist dieser Kontrast, der Frankenstein muss sterben zu einem besonderen Filmerlebnis macht.
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Ebenso wie Peter Cushing interessante neue Aspekte der Frankenstein-Figur zu Tage fördert, gelingt dies Freddie Jones – wenn auch nicht in diesem Ausmaß – in der Rolle des Monster. Bereits in dieser Bezeichnung, liegt aber schon der Fehler, da von einer monströsen Darstellung gar nicht die Rede sein kann. Die Figur unterscheidet sich in einigen besonders offensichtlichen Eigenschaften von seinen Vor- und Nachgängern. Zunächst geht es bei der ihrer Erschaffung gar nicht darum, Tote wiederzuerwecken – hierin hat Frankenstein offensichtlich bereits einige Übung. Es geht um die Konservierung eines außergewöhnlichen Intellektes, wozu der der verstorbene Doktor Brandt mittels einer Gehirntransplantation in einem neuen Körper wiederbelebt werden muss.

Der so wieder Auferstandene zeichnet sich weder durch die in anderen Darstellungen üblichen Entstellungen aus, noch verfällt er in sinnlose Raserei. Ganz im Gegenteil bewahrt er Besonnenheit und benutzt seine Intelligenz, um sich an Frankenstein zu rächen. Natürlich ist dies alles nicht ganz durchdacht – warum beispielsweise wird der verrückte Professor im neuen Körper wieder geistig gesund? – bietet aber dennoch einen interessanten Ausgangspunkt für das Ende des Films, das sich ganz klassisch in einem brennenden Gebäude entfaltet.

Die DVD von Warner

Während sich besonders Koch Media und Anolis in den letzten Jahren um die Hammer-Filme hier in Deutschland bemüht hat, wurde Frankenstein muss sterben vor nun fast zehn Jahren von Warner auf DVD veröffentlicht. Gerade im Hinblick auf das Alter der DVD ist die Qualität sehr gut: Sowohl Farbe als auch Bildschärfe hinterlassen hochskaliert auf einem großen Flachbildfernseher einen guten Eindruck. Größere digitale Manipulationen oder Probleme mit der Kompression sucht man hier ebenso vergebens, sodass diese betagte Fassung immer noch sehr gute Dienste leistet. Beim Ton fällt auf, dass auf der englischen Tonspur die Musik weitaus kräftiger abgemischt wurde, dafür aber auch durchgehend ein deutlich hörbares Rauschen herrscht. Sowohl der deutsche als auch der englische Original-Ton bieten jedoch – zumindest für meine laienhafte Ohren – keinen Grund zur Beanstandung. Bis auf einen Trailer bietet die Veröffentlichung keine Extras.

Trotzdem eine empfehlenswerte Edition, die auch heute noch eine gute Figur macht. Man darf gespannt sein, ob man uns diesen Film irgendwann auf Blu-ray kredenzt. Wert wäre er es allemal. Er mag nicht zu den großen Meisterwerken aus dem Hause Hammer gehören, überzeugt jedoch besonders durch die Darstellungen von Peter Cushing und Freddie Jones. Das der Film zu dem durch atmosphärische Sets den Zuschauer in seinen Bann zieht, muss bei einer Hammer-Produktion wohl kaum erwähnt werden. Unbedingt empfehlenswert.

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