Freitag, 12. Oktober 2012

Review: Conquest (Mediabook 84 Entertainment)


Mit Conquest legte Lucio Fulci 1983 den vielleicht ungewöhnlichsten Beitrag zum Barbaren-Film-Genre der 80er Jahre vor. Die italienisch-spanisch-mexikanische Koproduktion unterscheidet sich in hohem Maße von ähnlichen Vertretern wie Gunan – König der Barbaren, Throne Of Fire oder auch Thor – Der unbesiegbare Barbar. Zwar handelt es sich auch hierbei um unterhaltsame Werke, Conquest sticht dennoch aus dieser ganzen Reihe extrem billiger Filme heraus. 

In den Hauptrollen brilliert hier auch nicht Peter McCoy oder Miles O'Keefe (als Ator in die Annalen des italienisch Trash-Films eingegangen), sondern gleich zwei Mimen, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Das ist zum einem der dünn gebaute und etwas blässliche Andrea Occhipinti als Ilias, den die meisten von uns aus New York Ripper oder auch Lamberto Bavas leidlich unterhaltsamen A Blade In The Dark kennen dürften. Ihm zur Seite steht der braun gebrannt und muskulöse Jorge Rivero als Mace, der anders als sein Begleiter ganz die Rolle des primitiven, aber ehrlichen Barbars – also des noble savage – übernimmt. So simpel diese Kontrastierung ist, so effektiv ist sie für den Film, in dessen Zentrum die enge Verbindung von Ilias und Mace steht. 




Gemeinsam geht es durch eine traumhafte Landschaft, die sich von Stränden, Steilküsten und kargen Steppen bis zu nebelverhangenen Sümpfen erstreckt. Die Story ist eher nebensächlich: Der edle Ilias aus einem fremden Land will die böse Zauberin Ocron töten, aber Mace versucht, ihn zur Vernunft bringen. Nach vielen Abenteuern packen sie schließlich doch die Sache gemeinsam an. Verkörpert wird Ocron dabei von der schönen Sabrina Siani, die damals in fast allen wichtigen Barbaren-Filmen aus Italien mitwirkte. Komplett nackt und nur mit einer goldenen Maske und einem ebenso goldenen Höschen bekleidet wirkt sie dabei ähnlich surreal wie die urzeitlich anmutende Landschaft (die in der Realität laut imdb übrigens auf Sardinien, laut anderslautender Quellen in Mexiko zu finden ist). Nebel und Filter versperren dem Zuschauer in einigen Szenen fast schon komplett die Sicht, in anderen wiederum sind Fulci wunderschöne Aufnahmen gelungen. 

Vielleicht zu den besten Szenen des Films gehört eine Sequenz, in der Mace ohne Ilias einen düsteren Sumpf durchqueren muss. Erinnerungen an Fulcis Zombie-Filme werden dann wach und schließlich steigen die verwesten Untoten tatsächlich aus ihrem nassen Grab. Der Fulci-Fan klatscht sich vor Freude in die Hände, wenn der muskelbepackte Held die Leiber der wandelnden Leichen pfählt und es zu den typischen Splatter-Effekten kommt. Diese werden natürlich in altbekannter Manier ausgebreitet, wo es nur geht. Bezeichnend ist eine Stelle des Films, in der ein Monster von einem Pfeil getroffen wird und das Blut in völlig unrealistischen Massen und dazu noch laut plätschernd und in Zeitlupe aus der Wunde fließt. 

Leider gibt es neben diesen – manchmal aufgesetzt wirkenden, aber effektiven Szenen – einige Ungereimtheiten in Ocrons Welt. Dazu gehören billige Masken, sehr schlechte Special Effects und holprige Momente, die die dichte Atmosphäre leicht trüben. Auch merkt man dem Film jederzeit an, dass das Budget minimal war, ich sehe hier jedoch nicht unbedingt einen großen Fehler drin. Während in anderen Produktionen ähnlicher Couleur versuchte wurde, durch billige Hütten und Kulissen die amerikanischen Vorbilder wie natürlich Conan nachzuahmen, verzichtet Conquest komplett auf derartigen Firlefanz. Das tut dem Film gut und gibt ihm eine angenehm minimalistische Note. 

Untermalt wird dies alles von Synthesizer-Musik von Goblin-Kopf Claudio Simonetti, der in einem Interview mit der Deadline mal gesagt hat, dass er seinen Soundtrack zu Conquest nicht sonderlich mag (und zwischen Fulci und ihm zu diesem Film keine Zusammenarbeit stattgefunden hat). In der Tat hat Simonetti vor und nach Conquest bessere Musik geschrieben, dennoch trägt sie viel zum ganz eigenen Charme des Films bei. Einige melodische, fröhliche Stücke bilden einen harschen Kontrast zu der grimmigen Horror-Welt, die Fulci erschaffen hat.  

Zur DVD  

84 Entertainment hat Conquest erstmals offiziell in deutscher Sprache auf DVD veröffentlicht und zwar in einem edlen Mediabook mit Lederfolie. Diese Edition sieht richtig schick aus und kommt zudem mit einem ansprechenden Poster. Das Innenleben des Mediabooks überzeugt mich leider nicht restlos, trotz insgesamt zwei DVDs und einer CD. Die Informationen im Heftteil bleiben recht oberflächlich und verraten wenig über den Entstehungsprozess des Filmes oder dessen Hintergründe. Das Essay findet sich übrigens nochmal in digitaler Form auf der ersten DVD.



Bild & Ton 

Für das Bild der DVD hat man sich das Master direkt vom Lizenzgeber geholt, sodass es hier offensichtlich kaum Unterschiede zur schon etliche Jahre alten Edition von Blue Underground gibt. Insgesamt ist das Bild natürlich wegen der eingesetzten Stilmittel sehr milchig und trüb. Wer den Film bisher aber nur von VHS kennt, wird dieser Transfer dennoch wie eine Offenbarung vorkommen. Endlich kann man nun sehen, was mit Ilias am Ende in der dunklen Höhle geschieht und einige Szenen bei Tageslicht sehen recht ansehnlich aus. Die Kompression macht sich gerade bei den sehr nebligen Stellen bemerkbar, insgesamt ist das Bild jedoch ruhig. Hier haben 84 Entertainment nicht geschludert und eine authentische Präsentation dieses nun fast 30 Jahre alten Films auf DVD gepresst. Drei Tonspuren sind enthalten: Deutsch, Italienisch und Englisch, letztere aus lizenzrechtlichen Gründen nur mit Zwangsuntertiteln. Interessanterweise unterscheidet sich die italienische Fassung von den anderen beiden deutlich – beispielsweise sind einige Soundeffekte komplett anders und Ocron ist bei ihrem ersten Auftreten stumm. Insgesamt ist die Sound-Qualität zufriedenstellend und es ist löblich, dass 84 Entertainment hier insgesamt drei Tonspuren draufgepackt hat. 



Extras 

Bei den Extras hat man sich sichtlich Mühe gegeben, auch wenn man die Kür verpasst hat. Herzstück ist der Audiokommentar von Dr. Marcus Stiglegger undr Ivo Ritzer, in dem die beiden Wissenschaftler den Film akribisch analysieren, leider aber sehr wenig über die Darsteller, die Produktionshintergründe und den Entstehungsprozess des Films berichten. Gerade da hätte ich mir mehr Informationen gewünscht, sind diese doch recht rar gesät. Dennoch lohnt es sich, den beiden sympathischen Herren zuzuhören. Abgerundet wird dieses Paket von zwei Bildergalerien und Trailern (von denen besonders der internationale Trailer interessant ist). Insgesamt ein – für eine exklusive Mediabook Edition – recht knappes Paket, das aber dennoch so international die beste Version von Fulcis Conquest darstellt. Sehr gelungen ist hingegen übrigens die animierte Menü-Gestaltung. Mit gemischten Gefühlen kann man die zweite DVD und den Soundtrack auf CD betrachten. Auf ersterer findet sich der Hauptfilm nochmal, nur dass hier für Kinorollen typische Verschmutzungen eingefügt wurde. Ob man das braucht, muss jeder selbst entscheiden. Der Soundtrack ist natürlich an sich eine feine Sache – doch hier wird bei dem ein oder anderen die Enttäuschung groß sein: Einige der bekanntesten und besten Stücke aus Film fehlen! Ich vermute, dass dies nicht die Schuld von 84 Entertainment ist, sondern diese Stücke nie auf dem offiziellen Soundtrack enthalten waren. Trotzdem ein Wermutstropfen!


 Fazit 

Es ist gut vorstellbar, dass selbst Fans des italienischen Trash-Films mit Conquest ihre Probleme haben werden. Der Film ist billig und stellenweise unausgegoren, keine Frage. Dennoch macht sich die für Fulci typische dichte Atmosphäre auch hier breit. 84 Entertainment werden die Fans mit ihrer Edition zufrieden stellen, auch wenn hier noch Spielraum nach oben ist. Empfehlenswert.

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